Interview mit der Ayurveda-Ärztin Dr. Sreelatha
Frage: Dr. Sreelatha, warum empfehlen Sie die Monsunzeit für eine Ayurveda-Kur?
Dr. Sreelatha: Schon die alten Schriften sprechen von der Monsunzeit als die beste Jahreszeit für eine Panchakarma-Kur. Die Gründe sind vielfältig: Die klimatischen Veränderungen wirken sich auf Körper und Psyche aus. Zum Beispiel öffnen sich durch die monsun-bedingte hohe Luftfeuchtigkeit die Hautporen schneller und sorgen so dafür, dass die ayurvedischen Öle vom Körper besser aufgenommen werden.
Auch die Ausleitung von Toxinen klappt besser, da der Körper von Natur aus aufgrund der höheren Luftfeuchtigkeit stärker schwitzt. Yoga-Übungen fallen einem leichter, da die Muskulatur gedehnter ist. Somit sind diese Monate gerade für Yoga-Einsteiger gut geeignet. Man kann zusammenfassend sagen, dass die klimatischen Bedingungen dieser Monate Körper & Psyche empfänglicher für die Kur machen und dadurch Ayurvedabehandlungen effektiver wirken.
Frage: Gerade rheumatisch-arthritische Beschwerden wie auch Hauterkrankungen lassen sich in der Monsunzeit gut behandeln. Gibt es denn auch Krankheitsbilder für die eine Behandlung während der Regenzeit nicht empfohlen wird?
Dr. Sreelatha: In Indien besucht man bereits den Ayurveda-Arzt, bevor man krank wird. Man macht also eine Ayurveda-Kur um Krankheiten vorzubeugen, indem der Körper und die Immunabwehr gestärkt werden. Entsprechend differenziert die ayurvedische Lehre nach vorbeugenden Anwendungen und therapeutischen Behandlungen. Die im Rahmen des ‚Rejuvenation-Package‘ durchgeführten Anwendungen sind ein klassisches Beispiel für die Vorsorge, welche ganzjährig erfolgen kann.
Auch bei den therapeutischen Anwendungen gibt es keine Einschränkungen für spezielle Monate.
Natürlich gibt es dennoch Auswirkungen der Jahreszeiten auf unser körperliches und psychisches Wohlbefinden und entsprechend reagiert unser Körper je nach Klima unterschiedlich auf Behandlungen. Deshalb empfehlen sich die Monsunmonate mit ihrem Wechsel von trockenen Sonnenstunden zu intensivem warmen Monsunregen für Krankheitsbilder wie Rheuma, Arthritis oder Hauterkrankungen. Der Therapieerfolg ist stärker als während der trockenen Zeit. Deshalb haben wir auch viele Wiederbucher, die gerade zur Monsunzeit Ihre Ayurvedakur buchen.
Ganz nebenbei, viele Europäer haben noch nie die Regenzeit erlebt und haben falsche Vorstellungen hiervon. Natürlich regnet es, aber vor allem nachts. Während des Tages gibt es eher kurze, intensive Regenschauer, denen mehrere Stunden aber auch Tage voller Sonne folgen können. Auch aus touristischer Sicht ist daher der Monsun ein Erlebnis, das man kennen sollte.
Frage: Sie haben dieses Jahr die Führung der Ayurveda-Abteilung des Somatheeram Ayurvedic Health Resorts übernommen. Bitte erzählen Sie uns kurz mehr über Sie und Ihren Werdegang.
Dr. Sreelatha: Seit 1984 praktiziere ich Ayurveda, zuerst in meiner eigenen Klinik und dann später in führenden Ayurveda-Kliniken Indiens.
1995 bewarb ich mich als ,Senior Medical Officer‘ im Somatheeram wo ich bis 2002 blieb. Diese Zeit war meine erste Erfahrung mit der Behandlung von Gästen aus aller Welt, Patienten, die aus einem anderen Kulturkreis kommen und daher auch andere körperliche und kulturell bedingte Krankheitsbilder vorweisen. Der Anspruch an den behandelnden Arzt ist meines Erachtens größer als wenn er in einem regulären Ayurveda- Krankenhaus tätig ist.
Deshalb waren diese Jahre sehr lehrreich und ich entschied mich dafür, mich im Gesundheits-Tourismus weiterzubilden. So habe ich in verschiedenen Ayurveda-Resorts gearbeitet, den führenden Resorts Indiens. In all den Jahren war ich stets mit dem Somatheeram in Kontakt, wenn auch nur als ärztlicher Berater. Umso mehr freute ich mich, als mir letztes Jahr die Leitung des Ayurveda-Departments des Somatheeram angeboten wurde, ein Angebot, das ich gerne annahm.
Frage: Sie sprechen von Besonderheiten der Krankheitsbilder westlicher Gäste. Worin liegen die Besonderheiten?
Dr. Sreelatha: Die Behandlung von Gästen eines Ayurvedaresorts erfordert eine andere Herangehensweise als bei indischen Patienten. Ayurveda bietet keine schnell wirkende Therapie, je nach Leiden können mehrwöchige Behandlungen nötig sein. In der Praxis ist dies nicht möglich; die meisten Gäste bleiben zwischen zwei und drei Wochen zur Behandlung, nur die wenigsten haben vier Wochen oder länger Zeit. Jedoch dauert eine umfangreiche Panchakarmakur vier Wochen. Die Packages müssen also intensiver sein, ohne jedoch das Urlaubserlebnis zu beeinträchtigen.
Auch muss der Ayurveda-Arzt ein Verständnis für kulturelle Besonderheiten entwickeln, die typisch westlich sind. Stress ist ein Beispiel: Stressbedingte Störungen sind bei unseren Gästen aufgrund des westlichen Lebensstils viel ausgeprägter als es bei den meisten Indern der Fall ist. Hierauf muss natürlich im Behandlungsplan eingegangen werden, viel intensiver als es bei den meisten indischen Patienten nötig wäre. Erschwerend kommt dazu, dass es mitunter noch Berührungsängste gibt, wenn es darum geht Stressbewältigungsmechanismen wie Yoga und Meditation zu praktizieren. Beide besitzen eine zutiefst therapeutische Bedeutung, die erst vermittelt werden muss. All dies erfordert eine höhere Sensibilität im Umgang mit westlichen Patienten. Ein gutes Ayurveda-Haus zeichnet sich dadurch aus, dass das Ayurveda-Team weiß, wie sie auf die Bedürfnisse ihrer Gäste eingehen können.
Danke Ihnen, Frau Dr. Sreelatha!
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